kuenstlerische druckgrafik
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Originalgrafik verstehen und kaufen:

ein kurzer Leitfaden durch die Terminologie und Ethik.

1. Was ist eine „Auflage“?

Der Begriff „Auflage“ bezieht sich auf alle Abzüge von einem bestimmten Bild, die gemacht werden, nachdem der Künstler seine Zustimmung zum Druck gegeben hat. Im Allgemeinen schließt die Auflage sämtliche nummerierten Exemplare ein, ebenso die Künstlerexemplare, den „bon à tirer“, das dem Drucker gegeben wird, und drei Abzüge für die Werkstattarchive. Alle Exemplare, darin eingeschlossen die Probedrucke und die Farbprobedrucke, werden dokumentiert.

 

 

2. Was sind „Künstlerexemplare“ und wie viele davon sollte es geben?

Die Künstlerexemplare (manchmal als A/P (artist's proof) oder, französisch, E/A bezeichnet (épreuve d’artiste: Abzug des Künstlers) sind identisch zu denjenigen aus der nummerierten Auflage. Sie werden für den persönlichen Gebrauch des Künstlers aufgehoben. Eine Werkstatt wird die Anzahl der Künstlerexemplare häufig auf höchstens fünf bis zehn Prozent der signierten und nummerierten Auflage limitieren.

 


3. Wer bestimmt die Anzahl der nummerierten Exemplare?

Im Allgemeinen werden diese durch die Werkstatt und den Künstler gemeinsam bestimmt, bevor die Auflage gedruckt wird. Heutzutage beträgt die Anzahl selten mehr als fünfzig nummerierte Exemplare, häufig liegt sie beträchtlich darunter. Die Höhe der Auflage bietet oft einen sehr guten Anhaltspunkt dafür, ob die Drucke per Hand ausgeführt wurden oder ob sie Teil einer großen, mechanisch reproduzierten Auflage sind.

 


4. Wenn alle Exemplare einer Auflage verkauft wurden, drucken Sie dann noch mehr?

Niemals! Nachdem der Künstler jeden einzelnen Exemplar einer Auflage signiert und nummeriert hat, werden alle Stein- und Metallplatten vernichtet, bzw. für den zukünftigen Gebrauch wieder neu geschliffen.

 


5. Welche Bedeutung haben die Nummern auf den Grafiken?

Im Allgemeinen werden zwei Nummern, durch einen Schrägstrich getrennt, als Bruchzahl dargestellt: 25/30. Der Zähler bezeichnet die Nummer des einzelnen Exemplars, der Nenner gibt die Gesamthöhe der Auflage an.


6. Sind einige Exemplare in der Auflage wertvoller oder besser als andere?

Nein. In den gedruckten Auflagen von heute ist ein Exemplar mit einer niedrigeren Nummer nicht wertvoller oder besser als ein Exemplar mit einer höheren Nummer. Dieser verbreitete Irrglaube stammt vermutlich aus der Zeit, als man sehr hohe Druckauflagen herstellte und Abzüge manchmal erst dann gemacht wurden, wenn das Druckelement schon Abnutzungserscheinungen aufwies. Das Ergebnis waren Abzüge, die nicht so „frisch“ waren wie die ersten.


Noch wichtiger: Richtig ist, dass Abzüge nicht in der Reihenfolge, in der sie gedruckt wurden, signiert und nummeriert werden. Die Einheitlichkeit der Abzüge wird sichergestellt, weil der Kurator jeden einzelnen Exemplar mit dem ursprünglich vom Künstler autorisierten Abzug, dem „Gut zum Druck“, vergleicht. Nur diejenigen Abzüge, die einen sehr hohen Standard haben, erhalten den Prägestempel mit den identifizierenden Symbolen der Werkstatt und des Druckers; alle irgendwie beschädigten Abzüge werden vernichtet.

 


7. Sollte ich nur eine Grafik kaufen, wenn sie einen Prägestempel hat?

Nein. Die Prägestempel sind allerdings wichtige identifizierende Merkmale, doch nicht alle originalen limitierten Auflagen werden sie tragen. Künstler, die ihre eigene Arbeit drucken, benutzen sie oft nicht. Sie sollten jedoch immer nach einem Echtheitszertifikat fragen.

 


8. Warum gibt es Echtheitszertifikate?

Die meisten angesehenen Grafikhandlungen und Galerien führen ein Echtheitszertifikat für jeden ihrer Grafiken. Es enthält eine vollständige Beschreibung des Drucks und der einzelnen Arbeitsschritte seiner Entstehung. Diese Echtheitszertifikate sind erhältlich für jeden, der danach fragt.

 


9. Garantieren Echtheitszertifikate die Originalität einer Grafik?

Nicht unbedingt. Leider können Echtheitszertifikate auch irreführend sein. Lesen Sie diese Blätter sorgfältig und stellen Sie Fragen zu allem, was Ihnen unklar erscheint. Sollte es irgendwelche Zweifel über die Echtheit oder den Wert einer Grafik geben, so ist es am besten, sich an einen anerkannten Kunsthändler oder die entsprechende Fachabteilung in einem Museum zu wenden.

 


10. Sind Grafiken, die fotomechanisch gedruckt wurden, „Fälschungen“?

Nicht unbedingt. Die wichtige Unterscheidung liegt hier in den Begriffen „produziert“ und „reproduziert“. Wenn ein Künstler und ein Drucker sich darauf einigen, fotomechanische Mittel zu gebrauchen, um den Druck eines Motivs anzufertigen, das ursprünglich für diese besondere Grafik entworfen wurde, der sowohl limitiert als auch dokumentiert ist, dann fällt dies unter den Begriff des Originalgrafiks. Wenn ein Druck jedoch ganz exakt ein schon bestehendes Bild reproduziert (wie zum Beispiel ein Gemälde), und zwar in einem anderen Medium, dann würde dieses normalerweise nicht als ein „originales Kunstwerk“ betrachtet werden.

 

 

 

Übersetzung ins Deutsche von Kay Hattwig.

 

 

BIBLIOGRAFIE

 

1. Conseil québécois de l'estampe,
A Code of Ethics for the Original Print 1990

 

2. Gasciogne, Bamber
How to Identify Prints
New York: Thames and Hudson 1986

 

 

 

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